Bildungsgerechtigkeit: Längeres gemeinsames Lernen ermöglichen!

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Sehr geehrte Damen und Herren,

das Geschäft der antragsstellenden Partei ist ein Rollback unseres modernen, sozialen und offenen Landes in eine Gesellschaft, wie sie vor Jahrzehnten war. Und sie lassen dabei kein Politikfeld liegen. Auch unsere Schulen wollen Sie zurückverwandeln in preußische Lehranstalten alter Ordnung. Auf eine ganz simple Weise hat das zum im Antrag beschriebenen Problem sogar einen Zusammenhang, denn ganz sicher hat dieses Bildungssstem auch leistungsfähige Eliten produziert. Was sie bei ihrer romantischen Verklärung der “guten alten Bildungszeit” verschweigen: dabei blieb eine große Anzahl von Kindern chancenlos auf der Strecke. Und anders als Ihnen, ist das dem Rest der Gesellschaft nicht egal.

Ganz zu schweigen von ihrem verzerrten und ehrabschneidenden Blick auf die Leistungsbereitschaft unserer Schüler*innen heute. 

Aber zweifelsohne braucht es Anstrengungen, um Schulerfolg zu erreichen und jeder Schülerin und jedem Schüler den besten für sie oder ihn möglichen Schulabschluss zu ermöglichen. Und deshalb ist  rede ich jetzt viel lieber darüber, wie wir es schaffen können, den schulischen Erfolg, oder wie Sie es nennen, die „Bildungsqualität“, aller Schülerinnen und Schüler an allgemeinbildenden Schulen in Sachsen-Anhalt zu steigern. Und zwar mit einem ganz einfachen Prinzip: Länger gemeinsam Lernen. 

Die Bildungsungerechtigkeit beginnt bei uns in Sachsen-Anhalt bereits in der Grundschule. Viel zu früh werden die Kinder nach der vierten Klasse sortiert. Wer aufs Gymnasium oder auf die Sekundarschule kommt, dafür sprechen die Lehrkräfte Empfehlungen an die Eltern aus. Ob die Kinder die Empfehlung bekommen und für welche Option die Eltern sich entscheiden, hängt mindestens genauso sehr von der schulischen Leistung wie vom sozialen Hintergrund der Kinder ab. Gleichzeitig entwickeln sich Kinder gerade in dieser Altersgruppe rasant. Kinder, die in der dritten und vierten Klasse noch weniger Lust auf Schule und Lernen haben, können sich in den Jahren danach ganz anders entwickeln. Umgekehrt trifft das natürlich auch zu.

Statt also die schulische Laufbahn bereits in einem so frühen Alter vorzubestimmen, ohne dass die Schülerinnen und Schüler selbst zu einem Großteil mitbestimmen können, sollten wir den Kindern ermöglichen, länger gemeinsam zu lernen. Zum Beispiel in zehn oder 13 gemeinsamen Jahren an einer Gemeinschaftsschule. Die Vorteile liegen auf der Hand. Eltern und Lehrkräfte müssen nicht für die Kinder entscheiden, ob sie eine Sekundarschule oder ein Gymnasium besuchen. Stattdessen können die Kinder sich erst entwickeln und in der Mittelstufe selbst entscheiden, ob sie den Weg zum Abitur gehen, oder die Schule mit dem Sekundar- oder Hauptschulabschluss verlassen. Sie können fächerdifferenziert Stärken und Talente ausbauen und Schwächen trainieren. Wer in Mathe genial ist, braucht in Deutsch vielleicht Unterstützung. Ein Musiktalent kann in Kernfächern Förderungsbedarf haben. All das lässt sich bei längerem schulformübergreifend gemeinsamem Lernen gut unterstützen und fördern. Ein großer Erfolgs- und Leistungsdruck und viel zu frühe pauschale Einteilung in “Elite” und “Normal” würde unseren Kindern von den Schultern genommen werden. 

Aber bis wir unser Bildungssystem in Sachsen-Anhalt so weit entwickelt haben, dass längeres gemeinsames Lernen ermöglicht wird, ist es noch ein weiter Weg. Ich denke, es ist auch politisch ein ziemlich dickes Brett. Es ist allerdings das Ziel, was wir alle gemeinsam verfolgen sollten, um jedem Kind und jedem und jeder Jugendlichen den Bildungsweg zu ermöglichen, der für sie oder ihn am besten geeignet ist und den bestmöglichen Schulabschluss.

Wir Bündnisgrüne kämpfen deshalb dafür, dass längeres gemeinsames Lernen in Sachsen-Anhalt für alle Kinder und Jugendlichen ermöglicht wird. Wir kämpfen dafür, dass mit dem Ausbau der Gemeinschaftsschulen in unserem Bundesland die Bildungsgerechtigkeit gestärkt wird.

Und selbstverständlich lehnen wir den vorliegenden Antrag ab.

Vielen Dank.