Solidarisch durch die Krise: Entlastungspakete sorgen für sozialen Ausgleich

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Sehr geehrte Damen und Herren,

Ja, die Energiepreise sind es, die aktuell die Preise in allen Lebensbereichen beängstigend in die Höhe treiben. Allerdings kann man diese Aussage durchaus noch präzisieren: Es sind die fossilen Energieträger, die die Kosten im Moment explodieren lassen. Der Begriff „Inflation“ müsste eigentlich umbenannt werden in „Fossilflation“. Denn teurer geworden sind eben die fossilen Energieträger vornehmlich Gas. 

Das setzt eine Kaskade in Gang, die durch die Energiemarktarchitektur am Ende auch den Strom extrem verteuert, aber darüber wurde ja auch gestern hier schon viel gesprochen, das muss ich nicht alles wiederholen.

Dazu kommt, dass im Atomland Frankreich aktuell der halbe (28 von 56) Kraftwerkspark ausfällt, zu einem gehörigen Teil ungeplant. Sei es wegen Störfällen, Wartungen oder fehlender Kühlmöglichkeit. Zuverlässigkeit sieht anders aus. Stattdessen müssen dafür einige Gaskraftwerke in anderen Ländern, auch Deutschland, am Strommarkt bleiben und treiben so die Preise in die Höhe. 

Atomkraft war, ist und bleibt ein teurer, schmutziger, gefährlicher und unzuverlässiger Irrweg der Technologieentwicklung. Dazu sind sie nur langsam und schlecht regelbar und damit Netzverstopfer für Erneuerbare Energien. Meine Fraktionskolleg*innen und ich haben es hier schon oft gesagt. Der Garant für Preisstabilität, Versorgungssicherheit und eben auch nationale Souveränität sind die Erneuerbaren Energien. Volkswirtschaftlich waren sie schon immer unschlagbar günstig. Nun sind sie es auch betriebswirtschaftlich. Flankiert werden müssen sie werden Speichern. Die sind technisch und wirtschaftlich schon ausgereift für den Sekunden-,  Minuten- und Tagesausgleich. Das ist das, was kurz- und mittelfristig Versorgungssicherhheit schafft. Langfristig dann auch mal Rückverstromung aus Grünem Wasserstoff, wenn mal wirklich eine oder zwei Wochen überbrückt werden müssen, was selten vorkommen wird. Die Speichertechnologie, die wir jetzt brauchen, schafft erfreulicherweise bereits heute Jobs in Sachsen-Anhalt. Sie dürften alle Tesvolt kennen. Ein junges Unternehmen aus Wittenberg, das verstanden hat, dass in Zukunft Grüne Ideen Voraussetzung für Schwarze Zahlen sind. Wer auf Atomstrom und weiterhin Putin-Gas setzt ist zukunftsblind. Will unseren Kindern und Enkeln nicht handhabbaren Atommüll hinterlassen und weiterhin Bittsteller vor Kriegstreibern sein.  

Mittelfristig ist die einzig sinnvolle und nachhaltige Antwort auf die aktuelle Krise eine zügige Energiewende. Sie werden sich erinnern: genau darauf zielt das Oster- und Sommerpakt aus dem Hause Habeck. 

Aber diese Maßnahmen helfen natürlich hier und heute noch niemandem. Die steigenden Energiekosten bringen absehbar viele Haushalte an ihre finanzielle Grenze. Exorbitante Steigerungen bei den Abschlägen auf die Nebenkosten gehen ja in den Sozialen Medien bereits viral. Natürlich bereitet die Aussicht auf dunkle und kalte Wintermonate vielen Menschen Sorgen. Energie- und Mietschulden, ein bereits Mitte des Monats leeres Konto werden viele Menschen um den Schlaf bringen, weil geringe Löhne und Sozialleistungen einfach nicht mehr existenzdeckend sind. Auf diese akuten Nöte antwortet die Bundesregierung mit ihrem nun dritten Rettungspaket. Sie werden, denke ich, alle einiges darüber bereits gelesen haben, kommentiert haben es zumindest ja schon alle. Die Maßnahmen sind zahlreich, das Finanzvolumen durchaus beeindruckend. Einiges Gute wird und kann direkt auf den Weg gebracht werden. Die Einmalzahlungen an Rentnerinnen und Rentner und Studierende. Die Ausweitung des Wohngeldanspruchs, die Erhöhung des Kindergeldes, 500€ Bürgergeld – auch wenn das nur ein Einstieg in wirklich bedarfsgerechte Teilhabesicherung sein kann. Anderes muss noch konkretisiert und umgesetzt werden. Insbesondere die Strompreisbremse mit einem festgelegten Preis für den Grundbedarf. Ein wirklich gutes Vorhaben. Ich baue sehr darauf, dass die avisierte europäische Einigung dazu schnell kommt. Und auch über den Gaspreis müssen wir an dieser Stelle reden. 

Ebenso baue ich auf ein schnelles Nachfolgeticket zum 9 Euro Ticket. Der wirklich große Wehrmutstropfen aus sozialpolitischer Sicht ist dabei natürlich, dass selbst 49 Euro nicht wirklich eine Mobilität für Alle garantiert. Für Geringverdienende, Jugendliche und kinderreiche Familien wird auch dies schwer zu stemmen sein. Wer meint, mit einem „Gratisticket“ für neun Euro müsse jetzt Schluss sein, wer neun Euro für „gratis“ hält, der hat die Lebensrealität vieler Menschen in unserem Land wirklich nicht verstanden.

Und die FDP-Steuergeschenke an die gutverdienende Mittelschicht?! Tja, das ist eine der Kröten, die sozialpolitisch zu schlucken sind, wenn man ohne FDP keine Mehrheit hat. Auch, dass es keine echte Übergewinnsteuer geben wird, geht auf den Klassenkampf von Oben a la FDP zurück. Und ganz offen: das ist bitter! Aber: ebenso offen: So funktioniert unsere Demokratie. Ausgleich und Kompromiss, Streiten und Aushandeln. Und dann erklären. Und auch, wenn man die Faust in der Tasche ballt – immer im Respekt vor gewählten Mehrheiten und Regierungen. Die man vehement und laut versuchen kann und darf umzustimmen. Aber nicht dazu aufrufen, sie umzustürzen.

DAS ist der Unterschied zwischen legitimem Protest und demokratischem Streit – und Antidemokraten, die genau deshalb vom Verfassungsschutz beobachtet werden.

Es mag beim Entlastungspaket Licht und Schatten geben, aber Fakt ist, dass die Bundesregierung hier wie versprochen geliefert hat und Millionen Haushalte finanziell besserstellt und damit in dieser Krisenzeit an der Seite der Bürgerinnen und Bürger steht. Auch wenn klar ist: das kann die Preissteigerungen nicht vollständig kompensieren und auch mit den drei Entlastungspaketen werden viele Familien im Land jeden Euro zweimal umdrehen müssen.  

Aber die Bundesregierung hat umfangreich geliefert. Jetzt liegt es beim Land es ihr gleich zu tun. Nicht nur bei der Umsetzung der Bund-Länder-Pläne der Bundesregierung, etwa in Sachen 9 Euro Ticket, sondern auch eigeninitiativ. Denn neben direkten finanziellen Transfers und Steuererleichterungen gibt es weitere zahlreiche Ansatzpunkte, um soziale Härten abzuwenden.

Das Land sollte dringend Gespräche mit den hiesigen Wohnungsunternehmen und Energieversorgern führen. Zum einen um Absprachen zu treffen hinsichtlich eines Kündigungsmoratoriums für die kommenden Monate und dringend auch ein Aussetzen von Energiesperren im Herbst und Winter. Mindestens muss eine Selbstverpflichtung zur Meldung von Energiesperren verabredet werden. Denn Hilfe kann nur geleistet werden, wenn die Hilfsstellen alarmiert werden. Anlehnend an die Mitteilungen über geplante Wohnungsräumungen an die Sozialämter, sollen die Sozialämter auch bei Energiesperren informiert werden. Betroffene können in der Folge schnell aufsuchend beraten und Energiesperren auf diesem Wege im besten Falle verhindert werden. Auch sollten die Energieversorger klar darauf verwiesen werden, dass bei Schulden ein Tilgungszeitraum von 18 Monaten rechtlich möglich ist und sie diesen Zeitraum für die Ratenzahlung auch regelhaft anbieten sollten. 

Auch müssen gerade jetzt Beratungsangebote wie der Stromsparcheck dringend ausgebaut und niedrigstschwellig und sichtbar beworben werden. 

Und mit Blick auf den nächsten Landeshaushalt: da wird es entscheidend sein, die Freien Träger und sozialen Einrichtungen im Land mit ihren Preissteigerungen nicht allein zu lassen, darüber sprachen wir gestern in der Debatte zu den Tafeln schon. Wenn die Sachkosten durch die Decke gehen, bringt das viele Einrichtungen in eine bedrohliche Schieflagen, hier liegt die Verantwortung ganz klar beim Land und bei Finanzminister Richter die nötigen Aufwüchse der Landesförderung gleich in den Haushaltsentwurf einzuarbeiten. Und auch die Träger im Blick zu haben, die durch das Land nicht institutionell gefördert werden. So übersetzen wir dann “You’ll never walk alone” ins Sachsen-Anhaltische. Und das: tatsächliche spürbare Hilfe und Unterstützung, die glaubwürdige Zusicherung, dass die Situation zwar ausgesprochen schwierig ist, deshalb aber jetzt nicht alles weg- oder zusammenbricht, das ist es, was die Leute jetzt brauchen.

Vielen Dank