REDE Queer und bunt! Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt an unseren Schulen stärken. 18. November 202211. Februar 2023 „Queer und bunt! Geschlechtliche und sexuelle Vielfalt an unseren Schulen stärken. | 18.11.2022“ von YouTube anzeigen Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube. Inhalt von YouTube immer anzeigen Sehr geehrte Damen und Herren, erinnern Sie sich noch an diesen Sommer? Die Sonne schien schon ab April und es war warm draußen. Die Straßen waren voller bunter Flaggen. Menschen mit ausgelassener Stimmung liefen in ganz Sachsen-Anhalt Wägen mit lauter Musik hinterher. Sie feierten ihre Errungenschaften und demonstrierten für ihre Rechte. Ja, wenn man im Sommer an den mittlerweile zahlreichen CSD- und Prideparaden in Sachsen-Anhalt teilnahm, dann konnte man schnell vergessen, dass queere Menschen in unserer Gesellschaft auch heutzutage noch benachteiligt werden. Dass auch heutzutage queere Menschen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung diskriminiert werden und Mobbing sowie Gewalt erfahren. Und manchmal sind queere Menschen nicht mal bei CSD- und Pridedemonstrationen vor queerfeindlichen Übergriffen sicher. Wie zum Beispiel beim diesjährigen CSD Halle, bei dem Teilnehmende der Demonstration von einem Rechtsextremen als „Parasiten“ bezeichnet wurden und rechte Gruppen den Demonstrationszug mehrfach störten. Um solche queerfeindlichen Vorfälle in Zukunft zu verhindern, muss die Prävention früh beginnen. Und zwar bereits in der Schule. Denn Schulen sind ein wichtiger Lebens- und Erfahrungsort für unsere Schülerinnen und Schüler. Und leider erfahren Schülerinnen und Schüler oftmals auch Leid, Gewalt und Diskriminierung in der Schule. Wir Bündnisgrüne kämpfen dafür, dass Schulen für alle Schülerinnen und Schüler zu einem sichereren Ort werden. Egal, welche Hautfarbe, welchen kulturellen Hintergrund, welche körperliche oder geistige Einschränkung und eben auch welches Geschlecht oder sexuelle Orientierung die Schüler*innen haben. Denn obwohl unsere Gesellschaft eigentlich weiter sein sollte, sich ja auch weiterentwickelt hat, werden Schülerinnen und Schüler, die vom typischen Rollen- und Geschlechterverhältnis abweichen, noch immer anders behandelt oder diskriminiert. Denn leider ist es auch in den Schulen noch nicht egal, ob Jonas in Leonie oder Tim verliebt ist. Es ist nicht egal, dass Rieke eine Frau ist und als diese benannt werden möchte, unabhängig davon, dass sie mit einem Penis geboren wurde. Und es ist auch leider immer noch nicht egal, dass Kim als Mensch angesprochen werden möchte, weil Kim sich keinem Geschlecht zugehörig fühlt. Und dabei sollte es egal sein! Egal wen man liebt, egal welchem Geschlecht man sich zugehörig fühlt oder ob man sich eben über kein Geschlecht definiert. Alle Schülerinnen und Schüler müssen an unseren Schulen dieselben Bildungschancen haben. Unsere Schulen in Sachsen-Anhalt sind bereits jetzt schon bunt, vielfältig und queer. Denn queere Schüler*innen, queeres Schulpersonal und queere Eltern sowie Regenbogenfamilien sind Teil unserer Schulen. Doch sie finden an unseren Schulen eben oft keinen Ort, an dem sie einfach sein können, wie sie sind. Deswegen kämpfen wir mit unserem Antrag dafür, die Vielfaltskompetenz an unseren Schulen zu stärken. Weil auch queere Schülerinnen und Schüler, queeres Schulpersonal und die queeren Eltern ein diskriminierungsfreien Arbeits-, Lern- und Lebensort der Schule verdienen. Und natürlich ist uns bewusst, dass auch andere Personengruppen an Schulen von Diskriminierungserfahrungen betroffen sind. Schüler*innen mit Migrationshintergrund machen Rassismuserfahrungen, Schüler*innen mit Behinderungen leiden unter mangelnder Inklusion. Das sind alles ernstzunehmende Probleme, die angegangen werden müssen und an denen wir auch schon arbeiten. Und ja, uns ist auch bewusst, dass der Lehrkräftemangel ein akutes und dringendes Problem in unserem Bundesland ist und weiterhin sein wird. Das größte und schwierigste Bildungsproblem. Wir müssen uns diesem entschlossen entgegenstellen. Dass wir auch dafür Lösungsvorschläge haben, das haben wir in der letzten Plenarsitzung mit unserem Antrag deutlich gemacht, in dem wir Maßnahmen fordern, mit denen wir den Lehrkräftemangel bekämpfen. Dennoch finden wir nicht, dass der Lehrkräftemangel uns davon abhalten sollte, auch jetzt Maßnahmen zu ergreifen, um Schulen zu modernisieren und an die Maßstäbe der heutigen Zeit anzupassen. Schule muss sich auch dann entwickeln, wenn es schon eine Herausforderung ist, dass sie einfach stattfindet. Sonst bleibt die Entwicklung auf der Strecke. Selbstverständlich unterstellen wir nicht, queere Schüler*innen, Eltern oder Lehrkräfte würden absichtlich diskriminiert werden. Wir Bündnisgrüne sind fest überzeugt, dass Lehrerinnen und Lehrer im Rahmen ihrer Möglichkeiten alles geben, um unsere Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu bilden. Sie sind, genauso wie wir alle, mit dem Weltbild eines binären Geschlechtersystems aufgewachsen. Also der Annahme, dass es nur zwei Geschlechter gibt. So wie wir alle, sind auch sie mit den typischen Rollenverständnissen aufgewachsen, die Männer und Frauen definieren. Und wie wir alle haben auch Lehrkräfte den Anspruch, sich bestmöglich weiterzubilden, um den Ansprüchen unserer heutigen vielfältigen Gesellschaft gerecht zu werden. Aber leider gibt es bisher nicht genug Werkzeuge und Weiterbildungsangebote, die die Lehrkräfte bei diesem Anspruch unterstützen. Deswegen fordern wir Bündnisgrüne mit unserem Antrag, dass Themen der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt verpflichtend in der Lehramtsausbildung und -weiterbildung vermittelt werden. Damit wäre dann auch die Grundlage geschaffen, dass genau diese Themen auch fächerübergreifend in den Lehrplänen abgebildet und entsprechende queersensible Lehrmaterialien entwickelt sowie eingesetzt werden. Helfen beim Umsetzen dieser Maßnahmen kann übrigens das Schulnetzwerk „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, die schon jetzt im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen, die Themen der geschlechtlichen und sexuellen Vielfalt in ihren Angeboten mit aufzugreifen. Natürlich muss dazu das Schulnetzwerk entsprechend personell und finanziell ausgestattet werden. Schließlich ist es schon jetzt völlig überlastet. Denn die Landeskoordination des Netzwerks, die Landeszentrale für politische Bildung, erhält immer noch genauso viele finanzielle Mittel und ist personell noch genauso aufgestellt wie zu dem Zeitpunkt, als nur 50 Schulen in Sachsen-Anhalt Teil des Netzwerks waren. Dabei sind es heutzutage 160 Schulen. Ein großer Erfolg, den wir als Landtag auch entsprechend würdigen sollten! Und natürlich braucht es für die Schulen auch Handlungsrichtlinien mit konkreten Beispielen und Vorschlägen, wie sie den Bedürfnissen von queeren Personen im Schulalltag gerecht werden können. Denn wie Praktiker*innen und LSBTQIA-Verbände uns berichteten, sind die bisher existierenden Handlungsrichtlinien dafür nicht ausreichend. Ebenfalls fordern wir Maßnahmen, die mehr Sicherheit und Schutz vor Gewalt für queere Schüler*innen, Lehrkräfte und Eltern schaffen. Dafür sind mobile Beratungsangebote für genau diese Personengruppen nötig, insbesondere auch für den ländlichen Raum. Denn bisher übernehmen meistens Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter diese Aufgabe, da die Beratungsstrukturen momentan auf die Städte Magdeburg und Halle konzentriert sind. Und uns allen ist doch bewusst, dass Schulsozialarbeiterinnen und -arbeiter bereits mehr als genug Aufgaben haben, die ihre Arbeitszeit füllen. Und natürlich müssen wir auch Vertrauenspersonen, an die sich Schüler*innen in den Schulen wenden können, so ausbilden, dass sie Kompetenzen in den Themenbereichen sexuelle und geschlechtliche Vielfalt haben. In einer Studie der EU-Grundrechteagentur FRA haben fast die Hälfte der befragten queeren Schülerinnen und Schüler in Deutschland angegeben, dass sie aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung gemobbt und diskriminiert wurden oder queerfeindliche Gewalt erlebt haben. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, auf wie viele Schülerinnen und Schüler das in Sachsen-Anhalt zutrifft. Denn queerfeindliche Vorfälle an Schulen werden in unserem Bundesland nicht erfasst. Deswegen fordern wir, dass das Bildungsministerium dies endlich tut und Vorfälle von Diskriminierung, Gewalt und Mobbing differenziert nach Kriterien wie Rassismus, Sexismus, Queerfeindlichkeit oder auch Ableismus aufnimmt und statistisch erfasst. Denn nur so können gezielte und wissenschaftlich begründete und auf unser Bundesland angepasste Präventions- und Schutzkonzepte entwickelt werden. Eins kann ich Ihnen aber bereits jetzt schon sagen: Jede Schülerin und jeder Schüler, der Mobbing oder Gewalt an unseren Schulen erlebt, ist eine und einer zu viel. Es ist unsere Aufgabe, jede einzelne und jeden einzelnen von ihnen vor diesen leidvollen Erfahrungen zu schützen. Queere Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und Eltern sind dabei besonders gefährdet für diese schlimmen Erlebnisse, die ihr Leben nachdrücklich verändern können, da sie von bis heute in unserer Gesellschaft existierenden restriktiven Rollenbildern, die auch an unseren Schulen gelebt und verbreitet werden, abweichen. Es ist deswegen unsere Pflicht, diese Schülerinnen und Schüler besonders zu beschützen. Kämpfen Sie mit uns Bündnisgrünen gemeinsam dafür, dass Bildung in Sachsen-Anhalt so queer, so vielfältig und bunt gestaltet wird, wie es auch die Schülerinnen und Schüler, das Schulpersonal und die Eltern sind. Kämpfen Sie mit uns dafür, die geschlechtliche und sexuelle Vielfalt an unseren Schulen zu stärken. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag. Vielen Dank.