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Pflegeplätze finden: Wie Sachsen-Anhalt Angehörige entlasten kann

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Sehr geehrte Damen und Herren,

wer sucht, der findet. Wenn es mal so einfach wäre. Das zwischen Suchen und Finden eines stationären Pflegeplatzes oder eines Platzes für Kurzzeit- oder Verhinderungspflege Tage, wenn nicht oft Wochen liegen können, zahlreiche Telefonate zu führen, viele E-Mails zu schreiben sind, langes und teils vergebliches Warten auf Rückrufe folgt, Eintragungen auf Wartelisten vorweg stehen – davon können sicherlich viele Sienirinnen und Angehörige von pflegebedürftigen Menschen im Land ein Lied singen. 

Wenn die eigene betagte Mutter aus dem Krankenhaus entlassen wird und nicht wieder zurück in die eigene Wohnung kann, 

wenn nach einem Sturz zu Hause der 80jährige alleinlebende Vater lieber doch in einem stationären Setting untergebracht werden soll, 

wenn die Pflege des Partners auf Grund eigener Erkrankung kurzfristig nicht mehr möglich ist und eine Kurzzeitpflege nötig wird, 

wenn die demente Mutter zwar im Haus der Kinder wohnt, diese aber tagsüber arbeiten und daher einen Platz in der Tagespflege brauchen, 

dann beginnt das Suchen im Dickicht. Dann können Sie sich zwar in Online-Verzeichnissen wie der BIVA-Pflegeschutzbund-Website oder im Portal „Wohnen im Alter“ eine Übersicht von Alten- und Pflegeheimen im Land anzeigen lassen. Aber mehr als Adressen und dem allgemeinen Angebot der Einrichtungen finden sie da erstmal nicht. Dann können sie sich auch erstmal an große Träger wenden wie dem DRK. Sie können die vernetzte Pflegeberatung im Land kontaktieren. Sollte ihnen dieses Angebot überhaupt bekannt sein. Oder erstmal allgemein ihre Pflegekasse um Rat fragen. Vielleicht findet sich in ihrer Nähe auch eine Alten- und Servicestelle, die sie beraten kann. Aber mehr als eine Übersicht zu Einrichtungen in ihrer Nähe werden sie erstmal nicht finden. Denn ob es dort freie Plätze gibt, das kann ihnen in Sachsen-Anhalt dann letztlich nur jede Einrichtung selbst mitteilen. Also beginnt das Telefonieren und Nachfragen. Das Vertrösten und die Aufnahme auf Wartelisten. Bei etwa 730 stationären Pflegeeinrichtungen im Land kann das dauern. Die stark steigende Zahl an Pflegeeinrichtungen, 2011 waren es noch 500 Einrichtungen,  wird diese Suche in Zukunft immer aufwendiger machen. 

Eine zahlenmäßige Zunahme der Einrichtungen und der Pflegeplätze ist natürlich zu begrüßen, denn der Bedarf ist offensichtlich. Das macht die Suche aber aufwendiger. Auch die Trägervielfalt ist ein hohes Gut. Aber diese Vielfalt und der offene Markt für Pflegeeinrichtungen darf nicht für die Betroffenen in Unübersichtlichkeit, langen Wegen und maximalem Aufwand enden. 

Klar sind wir es im Alltag gewohnt, Angebote zu suchen, zu vergleichen und zu recherchieren. Und die Konfusion bei rübsen verschiedenen Handytarifen oder Stromanbietern mag auch nerven. Aber das ist Welten von der existenziellen Notwendigkeit entfernt, schnell einen Heimplatz finden zu müssen. Im Bereich der Pflege muss das Land deshalb ordnungsrechtlich aktiv werden, um die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen zu entlasten. 

Wir hatten dazu in der vorigen Sitzung des Sozialausschusses plastische Schilderungen von Selbsthilfegruppen pflegender Angehöriger und deren Landesverband. Tritt Pflegebedürftigkeit und der Bedarf nach einem Heimplatz auf, herrscht zuallererst Überforderung und Orientierungsschwierigkeiten. Die klare Forderung an uns als Politik: Schafft eine zentrale Informationsmöglichkeit.  

Scheint irgendwie naturgegeben diese Überforderung und der kleinteilige Weg hin zu einem Heimplatz. Es gibt halt viele Einrichtungen, da kann ja keiner den Überblick haben. Bei etwa 166.000 pflegebedürftigen Personen und aktuell etwa 27.600 Personen,  die vollstationär untergebracht sind, haben wir viele tausend betroffene Familien im Land, die phasenweise ratlos vor der Aufgabe stehen ein angemessenes Pflegesetting zu entwickeln. Für die Angehörigen ist das vor allem eine psychische Belastung. Für die Pflegebedürftigen ist es mit der Gefahr verbunden, nicht optimal betreut und gepflegt zu werden, wenn zeitweise nur Übergangslösungen gefunden werden. Da das Finden eines Heimplatzes sich zieht.  

Aber das ist nicht naturgegeben, das muss nicht so sein. Diese ganzen viele Schritte und Telefonate abzukürzen auf einen einzigen Klick, ist sogar denkbar einfach. NRW hat es vorgemacht. Mit der dortigen Heimfinder-App finden sie in Sekunden freie Plätze in ihrer Nähe. Das haben mein Mitarbeiter und ich in der Sitzung des Sozialausschusses selbst live einmal ausprobiert. Und ich kann sagen: einfacher geht es eigentlich nicht. Innerhalb weniger Minuten App runtergeladen. Wohnort eingegeben. Freie Plätze und Kontaktmöglichkeiten gefunden. 

Nun ist es nicht so, dass dem Ministerium dies unbekannt ist. Vielmehr scheint es da einen internen Arbeitsprozess zu geben. Und das ist schon einmal gut. Aber dieses Thema verdient einen klaren politischen Handlungsauftrag. Eine klare Priorisierung für das administrative Handeln. Und damit auch eine verbindliche Zeitschiene. Das wollen wir mit diesem Antrag bewirken. 

Es braucht für diese smarte Hilfestellung bei der Suche nach einem Heimplatz zweierlei: Eine gesetzlich verankerte tagesaktuelle Meldepflicht für Einrichtungen zu ihren freien Plätzen. Und die technische Aufbereitung dieser Daten für ein Onlineportal und eine entsprechende App. Beides soll im Laufe des nächsten Jahres erfolgen.  

Gerade für die Normierung einer Meldepflicht wollen wir das Ministerium stärken für ihre Gespräche mit den Einrichtungen. Denn natürlich macht eine solche Meldepflicht erstmal Arbeit. Und ist ein weiterer Punkt, den die Heimaufsicht zu prüfen und zu kontrollieren hat. Vielleicht muss da der ein oder andere Träger, die ein oder andere Einrichtung zum Jagen getragen werden. Ganz ohne Widerstände wird es wohl nicht gehen. So ist es meines Wissens zumindest in NRW gewesen. Auch dafür ist ein Landtagsbeschluss hilfreich, wenn klar ist, diese smarte Variante einen Heimplatz zu finden, ist Anliegen der Landespolitik. Damit lässt sich doch gleich ganz anders argumentieren, wenn das Ministerium ein entsprechendes Gesetz in die Verbändeanhörung gibt.  

Machen wir ernst mit der oftmals formulierten Wendung: „Der Mensch stehe im Mittelpunkt“, dann heißt das eben auch möglichst barrierefreie Angebote durch das Land zu entwickeln. Da sind wir schlicht auch Dienstleiter für die Bürgerinnen und Bürger. Das regelt nicht der Markt. Und das kann und soll nicht jede Betroffene eigenverantwortlich regeln müssen. Wir wollen per gesetzlichem Rahmen den pflegebedürftigen Angehörigen das Leben leichter machen. Denn schwer genug haben sie es so oder so. Daher möchte ich mit einem großen Dank meine Rede beenden. Sie sind der größte Pflegedienst dieser Republik und sie leisten einen großartigen Job. Haben Sie vielen Dank für die oft aufopferungsvolle Pflege ihrer Angehörigen. Auf Familien, Nachbarschaften und Freunde ist auch im Alter oftmals Verlass. Das ist toll und wichtig. Bei Fällen wo das nicht mehr reicht, wollen wir weitestmöglich unterstützen.

Danke