REDE

Ost-Renten: Landesregierung verpasst Chance auf Anerkennung der DDR-Rentenansprüche

Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen.
Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube.

Sehr geehrte Damen und Herren,

Im März letzten Jahres titelte die Tagesschau: „Gerechtigkeitsdilemma der Ostländer“. Schätzungsweise 500.000 Menschen in den neuen Bundesländern haben mit dem Übergang ins Rentensystem der Bundesrepublik ihre Rentenansprüche teilweise verloren. Das wird nicht nur – persönlich und politisch – als große Ungerechtigkeit erlebt, die durchaus auch ein Puzzlestein für den heutigen Blick auf die Wiedervereinigung sein kann. Nach einem langen Arbeitsleben, oft mit besonderen Anstrengungen in der Zeit der Transformation, mit besonderen Erfahrungen und Aufbauleistungen, erleben diese Ost-Rentner:innen seit Jahren, und nun endgültig, die Abwertung ihrer Lebensleistung. Und stehen zum Lebensende nicht selten vor einer prekären Lebenssituation. Diesen Befund, das Gefühl für diese Ungerechtigkeit, teilen in den neuen Bundesländern wohl alle demokratischen Parteien. Die Frage, wie damit umzugehen gewesen wäre, ist weitaus schwieriger zu einen.

Es war in der März Sitzung vorigen Jahres, die dem Tagesschau-Bericht vorausging, als wir hier im Hohen Haus sehr kontrovers über den Beitritt des Landes zum Härtefallfonds des Bundes diskutiert haben. Schließlich hatte sich unsere Landesregierung oder genauer insbesondere die CDU-Fraktion damals geweigert, diesen Fond mit Landesmitteln aufzustocken. Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern gingen da andere Wege. Deren Regierungen haben sich nicht formal rausgeredet mit der verkürzten Sichtweise „Rentenpolitik ist Bundesthema“, sondern haben erkannt: Die Ungerechtigkeiten, die bei der Rentenüberleitung geschaffen wurden, sind eine gesamtgesellschaftliche Herausforderungen. Hier nach Jahrzehnten endlich etwas Gerechtigkeit zu schaffen, ist Aufgabe aller politischen Ebenen. Die Rentenüberleitung ist ja nicht Rentenpolitik as usal, sondern ein historischer Sonderfall, der dann letztlich auch als ein solcher abseits formaler Zuständigkeit zu behandeln ist. Sich hier mit dem Standardsatz aller Unwilligen „ich bin nicht zuständig“ herauszureden ist schlicht unwürdig. 

In der Debatte im März hat Ministerpräsident Hasseloff seinen weiteren Einsatz in der Sache zugesagt. Da bin ich doch sehr gespannt, was das Land hier unternommen hat. Mir scheint: nichts. Zumindest ist mir nichts bekannt geworden. 

Und anscheinend wurde auch wenig unternommen, um die Betroffenen und potenziell Anspruchsberechtigten zu informieren und über ihre Rechte aufzuklären. Zumindest zeugen die geringen Antragszahlen und auch die hohe Ablehnungsquote davon. Auch hier wäre weit mehr Engagement des Landes möglich und nötig gewesen. 

Jetzt ist das Thema mit Auslaufen der Antragsfrist leider erstmal an ein formales Ende gelangt. Auf Bundesebene wird man nach diesem Härtefallfonds sicherlich kaum nochmal einen Neustart hinbekommen. Ich hoffe allerdings sehr darauf, dass der Bund sich doch noch mal bewegt, sollte es wirklich bei diesen sehr hohen Ablehnungsquoten von Anträgen bleiben. Das bleibt abzuwarten denn Ende Januar waren erst 15% der Anträge im Land bearbeitet. Sollte die Quote der abgelehnten Anträge auch am Ende tatsächlich bei fast 75% liegen, dann scheint die Definition von Anspruchsberechtigungen doch klar zu eng gezogen worden zu sein. Dann gilt es nachzubessern. Dann gilt es sicherzustellen, dass die bereit gestellten Gelder auch wirklich ausgezahlt werden. 

Ob der Bund sich dem Thema wirklich dann nochmal widmet, wenn sich im vorigen Jahr gezeigt hat, wie unwillig und unbeweglich manche Landesregierungen in Sachen Härtefallfond agierten, na ja, da bin ich persönlich doch ziemlich unsicher. Dafür werben bei der Grünen Bundestagsfraktion werde ich natürlich.

Der vermeintliche Schlussstrich, der jetzt gezogen wurde und sicherlich viele Betroffene völlig zurecht frustriert zurücklässt, ist für mich keinesfalls das endgültige Ende des Themas. 

Die Rentenungerechtigkeit ist weiterhin eine offene Wunde des Wiedervereinigungsprozesses der Bundesrepublik. Heilung nicht absehbar. Aber eben auch nicht ausgeschlossen. 

Stand jetzt: Ja, der Gerechtigkeit wurde bisher – auch durch die Ampel –  nur in geringem Maße genüge getan. 

Aber vergessen wir nicht: auch Sachsen-Anhalt hat es im Frühjahr 2023 versäumt, das für das Land mögliche zu tun. In den anderthalb Jahrzehnten einer ostdeutschen Kanzlerin ist rein gar nichts passiert, da konnte die Ost-CDU anscheinend überhaupt keine Wirkung entfalten auf Bundesebene. Die CDU-Kritik am Härtefallfonds ist ob dieser jahrzehntelangen Untätigkeit mehr als wohlfeil. Wer weiß wie viele da die heimlichen Gedanken hatten: „Ach jetzt haben wir so lange nichts gemacht, in einigen Jahren hat sich das Problem von allein gelöst.“ 

Die Ampel hat zumindest gehandelt. Hat auch hier eins der vielen liegen gelassenen Probleme der CDU Kanzlerinnenschaft versucht zu lösen. 

Einige Menschen in unserem Land haben nun eine gewisse finanzielle Entschädigung erhalten. Andere bekommen sicherlich noch positive Bescheide. Materiell wiegt das die Ungerechtigkeiten nicht auf. Ob die Betroffenen sich durch die Gelder des Härtefallfonds ideell angemessen entschädigt fühlen, sei jetzt mal dahingestellt. Ein Ruhmesblatt der Politik ist dieser gesamte Vorgang leider nicht. 

Versöhnlicher kann ich meine Rede leider nicht beenden. 

Danke.