REDE

Vorgriffstunde abschaffen. Attraktive Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte schaffen. 

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Ich mal mir die Welt, wie sie mir gefällt“ – Das scheint der Hintergrund gewesen zu sein, mit dem die sogenannte Vorgriffstunde eingeführt wurde. Denn die per Zwang angeordnete Mehrarbeit von einer Stunde für alle Lehrkräfte schafft zwar auf dem Papier mehr Arbeitsvolumen, aber was nützt es in der Schule, wenn die Mathelehrerin zwar auf dem Papier eine Stunde mehr unterrichtet, die Kinder dann aber trotzdem keinen Matheunterricht haben, weil die Lehrkraft krank ist. Und was bringt es, wenn die Deutschlehrerin mehr arbeitet, aber für Chemie gibt es immer noch keine Lehrkraft? Letztlich ist der einzige „Erfolg“ der Extra-Stunde, dass Bildungsministerin Feußner schönere Statistiken vorzeigen kann. Ganz egal, dass es an der Realität des Schulalltags, an dem drückenden Lehrkräftemangel, kaum etwas ändert. Frau Feußner, Sie haben sich mit der Einführung der Mehrarbeit für Lehrkräfte wirklich die Welt so gemalt, wie sie Ihnen gefällt.

Rund 1.000 Lehrkräfte fehlen derzeit in Sachsen-Anhalt. Die Unterrichtsausfälle insbesondere an Sekundar- und Grundschulen sind in Sachsen-Anhalt weiterhin erschreckend hoch. Und nun werden Lehrkräfte, die sich gegen die verordnete Extra-Stunde wehren, gekündigt. Die sich dagegen wehren, weil sie einfach nicht mehr können. Weil der Schulalltag belastend ist. Frau Feußner, wie können wir es uns bei dem eklatanten Lehrkräftemangel in unserem Bundesland leisten, auch nur auf eine einzige ausgebildete Lehrkraft, die bei uns arbeitet, zu verzichten? 

Und wenn Sie schon unbedingt die Mehrarbeit für Lehrkräfte einführen mussten, warum haben Sie die Finanzierung der Vorgriffstunde nicht DAVOR geklärt? Warum müssen Lehrkräfte jetzt für die Entlohnung der Extra-Stunde vors Gericht ziehen? Es kann doch nicht sein, dass sie die Lehrkräfte zur Mehrarbeit verpflichten und dann bekommen diese es noch nicht mal ordentlich und pünktlich bezahlt. Unter diesen Voraussetzungen braucht sich NIEMAND wundern, dass der Lehrberuf in Sachsen-Anhalt nicht mehr attraktiv für junge Menschen ist. 

Wenn ich die Welt so malen könnte, wie sie mir gefällt, dann würde ich eine Welt malen, in der der Lehrberuf in unserer Gesellschaft wieder wertgeschätzt wird. In der Lehrkräfte gerne an den Schulen in Sachsen-Anhalt arbeiten. In der die Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte so gestaltet sind, dass diese sich auf das konzentrieren können, für das sie ausgebildet wurden: Das Unterrichten. 

Wir Bündnisgrüne kämpfen dafür, dass die Schule als Arbeitsort besser organisiert und damit attraktiver wird. Denn nur so kann die Schule auch als Lernort funktionieren und bestmöglich unsere Schülerinnen bilden und auf die Zukunft vorbereiten. Und das sollte das Ziel sein. 

Die Vorgriffstunde muss abgeschafft werden. Deswegen stimmen wir dem Antrag zu. Vielen Dank.