Rede Schwangerschaftsabbruch ist kein Verbrechen. Bundesratsinitiative auf den Weg bringen! 24. Oktober 202428. Oktober 2024 „Antrag: Sichere + legale Schwangerschaftsabbrüche: Grüne fordern Abschaffung §218 StGB | 24.10.2024“ von YouTube anzeigen Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube. Inhalt von YouTube immer anzeigen „Für sichere und legale Schwangerschaftsabbrüche: Grüne fordern Abschaffung §218 StGB | 24.10.2024“ von YouTube anzeigen Hier klicken, um den Inhalt von YouTube anzuzeigen. Erfahre mehr in der Datenschutzerklärung von YouTube. Inhalt von YouTube immer anzeigen Sehr geehrte Damen und Herren, ich erzähle ihnen die Geschichte einer jungen Frau aus den USA. Ihr Name war Amber Nicole Thurman. Sie war alleinerziehende Mutter eines 6-jährigen Jungen. Mit ihrem Sohn ging sie gerne in den Zoo. Sie besuchten gemeinsam Museen oder fuhren in an den Strand. Als sie gerade frisch mit ihrem Sohn umgezogen ist und einen Ausbildungsplatz in der Krankenpflege begonnen hatte, wurde sie ungewollt schwanger. Ihr war klar, ein weiteres Kind zu versorgen, dass kann sie gerade nicht leisten. Doch der Zeitpunkt für ihre Entscheidung war denkbar schlecht. Denn genau zu dem Zeitpunkt hat Georgia, der Bundesstaat, in dem sie wohnte, aufgrund der Entscheidung des Supreme Courts zu Roe vs. Wade Schwangerschaftsabbrüche ab der 6. Schwangerschaftswoche verboten. Leider hatte sie diesen Zeitraum bereits überschritten. In einem Bundesstaat mit einem liberaleren Abtreibungsrecht konnte sie in einer Klinik einen Termin für einen operativen Schwangerschaftsabbruch bekommen. Sie machte sich also früh um 4 Uhr morgens gemeinsam mit ihrer besten Freundin auf den Weg zur Klinik – und blieb im Stau stecken. Die Klinik konnte nicht länger als 15 Minuten auf sie warten mit der Operation. Sie verpasste den OP-Termin. Stattdessen erhielt sie dann da die Erklärung, wie sie mit der Einnahme von Tabletten selbst einen medikamentösen Schwangerschaftsabbruch durchführen kann. Amber Thurman nahm also die Tabletten wie vorgeschrieben ein und fuhr wieder nach Hause. Normalerweise sind medikamentöse Abbrüche relativ sicher, schwerwiegende Komplikationen sind selten. Doch bei Amber Thurman traf das Schlimmste ein. Ihr Körper hat das Fötusgewebe nicht komplett ausgeschieden und entwickelte eine Sepsis. Sie wurde in ein Krankenhaus in Georgia eingeliefert doch die Ärzt*innen waren verunsichert. Würde es das gerade in Georgia verabschiedete Gesetz zum Schwangerschaftsabbruch verletzten, wenn sie das infizierte Fötusgewebe entfernen? Denn den Ärzt*innen droht eine Gefängnisstrafe, wenn sie dagegen verstoßen. Also warten die Ärzt*innen erst mal ab. 20 Stunden dauerte es, bis sie Amber Thurman endlich notoperierten. Doch dann war es bereits zu spät. Amber Thurman verstarb. Sie wurde nur 28 Jahre alt. Sie hinterließ einen 6-jährigen Sohn, der nun ohne Mutter aufwachsen muss. Die Einschränkung beim Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen hat also nicht das ungeborene Leben geschützt, was einige bei dem Thema so gerne in den Vordergrund stellen. Ganz im Gegenteil. Aufgrund der Verschärfungen beim Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen – und in einigen Bundesstaaten sogar dem kompletten Verbot, wurde ein Leben genommen. Das Leben einer jungen Mutter. Und einige werden jetzt vielleicht sagen „Die USA ist weit weg, wir haben hier nicht die gleichen Zustände“. Und selbstverständlich haben Sie Recht. Aber das Beispiel USA zeigt, was passiert, wenn man keinen gesetzlichen Anspruch auf den Zugang zu sicheren Schwangerschaftsabbrüchen schafft. Es führt eindringlich vor Augen, dass auch wir den Zugang zu medizinischen Schwangerschaftsabbrüchen sicherstellen müssen, damit das Leben und die Gesundheit von ungewollt Schwangeren oder Frauen, die einen medizinischen Abbruch benötigen, in Deutschland geschützt werden. Doch momentan wird unser Recht diesem Anspruch nicht gerecht. Paragraf 218 des Strafgesetzbuches stellt den Schwangerschaftsabbruch in Deutschland als illegal und nur unter bestimmten Voraussetzungen straffrei. Damit werden sowohl die Frauen, wie auch die Ärzt*innen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen, kriminalisiert. Und das hat weitreichende Konsequenzen. Durch die Kriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Paragraf 218 werden Schwangerschaftsabbrüche weder in der medizinischen Grundausbildung noch in der gynäkologischen Weiterbildung umfassend gelehrt. Dies führt zu einem Mangel an praktischen Kenntnissen und Erfahrungen bei angehenden Ärzt*innen. Das berichten nicht nur Medizinstudierende, sondern auch Fachärzt:innen. Und letztendlich führt es dazu, dass es immer weniger Frauenärzt*innen gibt, die Schwangerschaftsabbrüche durchführen können. Die Konsequenzen davon spüren wir auch in Sachsen-Anhalt. Seit 2017 ist die Anzahl der Frauenärzt*innen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen, in Sachsen-Anhalt von 40 auf 30 gesunken. Die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs führt auch zu einer Stigmatisierung und oft auch Isolation von Frauen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen lassen und Ärzt*innen, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführen. Radikale so genannte Lebensschützer*innen, die Frauen und Ärzt*innen vom Gehweg aus vor der Praxis oder Klinik oder in den sozialen Medien belästigen, tun da ihr übriges. Gut, dass die Bundesregierung gegen letzteres ein Gesetz auf den Weg gebracht hat. Doch die schwerwiegendste Konsequenz hat Paragraf 218 für die Gesundheit von Frauen. Denn KEIN sicherer Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen gefährdet die Gesundheit von Frauen. Und nichts gefährdet den sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland so sehr wie Paragraf 218. Deswegen kann man es nicht laut und deutlich genug sagen: Paragraf 218 muss weg! Dieser Paragraf muss aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden. Es braucht Regelungen außerhalb des Strafgesetzbuches. Der Schwangerschaftsabbruch in der Frühschwangerschaft muss legalisiert werden. Und genau das hat auch die von der Bundesregierung eingesetzte Expertinnenkommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin in ihrem Abschlussbericht vom 15. April 2024 empfohlen. Doch trotz dieser eindeutigen Empfehlung der Kommission ist im Bund bisher nichts passiert. Auch wenn unsere bündnisgrüne Bundestagsfraktion sich ganz eindeutig dazu positioniert hat und fordert, dass der Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt wird, gibt es beim Rest der Ampelkoalition keinen erkennbaren Willen, Schwangerschaftsabbrüche zu legalisieren und diese unsägliche Situation für Frauen und Frauenärzt*innen zu beenden. Dabei ist es keinesfalls so, dass es keine Vorschläge gäbe, wie der Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches geregelt werden kann. Letzte Woche hat ein Bündnis aus insgesamt 26 Verbänden und Organisationen einen umfassenden Gesetzentwurf per Petition an den Bundestag übergeben. In dem haben die Autor*innen niedergeschrieben, wie die Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen in Deutschland geregelt werden könnte. In dem Schwangerschaftsabbrüche eine rechtmäßige medizinische Gesundheitsleistung werden. Und um die in den sozialen Medien ja schon kolportierten Horrorszenarien einmal vorwegzunehmen – der Expertinnenbericht spricht ausdrücklich von der Frühschwangerschaft. Niemand in Deutschland – außer die AfD – spricht über die Abtreibung ausgereifter Babies. Gradmesser ist immer mindestens die eigenständige extrauterine Lebensfähigkeit. Und ja, zur Frage der Grenzen beim Schwangerschaftsalter gibt es unterschiedliche Haltungen, in manchen Ländern gibt es gar keine Fristen. Und trotzdem – das lässt sich für Kanada belegen – finden Schwangerschaftsabbrüche dort regelhaft in der Frühphase statt. Weil Frauen nämlich – oh Wunder – vernunftbegabte und empathische Wesen sind und sehr wohl zwischen einem Fötus und einem lebensfähigen Embryo unterscheiden können – und es tun. Der Gesetzesvorschlag macht einen sehr weitgehenden Vorschlag, und begründet diesen auch. Darüber sollte und kann man diskutieren. Mit Fachleuten, ohne Horrorgeschichten und Hetze. Ich und meine Fraktion stehen zur 12-Wochen-Frist, die sich in Deutschland bewährt hat. Der Entwurf legt auch fest, was für mich völlig logisch ist, aber gegenteilig von Abtreibungsgegner*innen gerne mal behauptet wird, dass Schwangerschaftsabbrüche gegen den Willen einer Schwangeren natürlich weiterhin unter Strafe stehen. Gleichzeitig sollen Ärzt*innen weiterhin die Möglichkeit haben, sich aus persönlichen Gründen gegen das Anbieten von Schwangerschaftsabbrüchen entscheiden zu können. Die Beratungspflicht soll nach diesem Entwurf gestrichen werden und stattdessen ein Rechtsanspruch auf Beratungsangebote geschaffen werden. Und ebenfalls sehr wichtig: In dem Gesetzentwurf des Bündnisses ist die Übernahme der Kosten für einen Schwangerschaftsabbruch durch die Krankenkasse enthalten. Denn dies ist bisher nur in Ausnahmefällen möglich. Wenn der Bundestag es nicht alleine hinbekommt und dort die Initiative fehlt, dann muss man eben über den Bundesrat gehen und nachhelfen. Und deswegen fordern wir Bündnisgrüne die Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative zur Abschaffung von Paragraf 218 im Strafgesetzbuch auf. Im Interesse der Frauen müssen die Länder im Bundesrat aktiv werden. Deswegen fordern wir Sie auf sich für die Gesundheit von Frauen einzusetzen. Denn Schwangerschaftsabbrüche sind kein Verbrechen. Und Frauengesundheit gehört nicht ins Strafgesetzbuch! Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. Vielen Dank.