Sehr geehrte Damen und Herren,
historisch ist der moderne Sozialstaat ist als Antwort auf die Arbeiterfrage zu verstehen. Insbesondere die Industrialisierung erzeugte zunehmend eine prekäre soziale Lage der Arbeiterklasse, die einzig über Lohnarbeit ökonomisch notdürftig abgesichert war. Die sozialverträgliche Gestaltung der Lohnarbeit und die Absicherung für die Fälle, in denen Lohnarbeit nicht oder nicht mehr möglich ist – also Alter, Krankheit, Arbeitslosigkeit – waren die großen sozialpolitischen Herausforderungen. Und die großen sozialpolitischen Errungenschaften ihrer Zeit.
Aber diese klassische auf Erwerbsarbeit bezogene Sozialpolitik war auf einem Auge blind. Und ist es teils heute immer noch. Denn neben der Arbeiterfrage stellt sich seit Beginn des Sozialstaats auch die Care-Frage, aber erst seit einigen Jahren wird diese Frage sozialpolitisch wirklich dringlich behandelt. Die Frage lautet: wer sorgt sich um die Älteren, die Pflegebedürftigen und die Kinder? Es reicht nicht, die Sphäre der Produktion sozialpolitisch zu flankieren. Auch die Sphäre der Reproduktion ist hochpolitisch. Klassisch war die Antwort auf die Care-Frage leicht und vermeintlich a-politisch. Na, kümmern tun sich halt die Frauen. All die Mütter und Ehefrauen waren selbstverständlich auch Pflegekräfte. Und dabei ganz auf sich gestellt.
Und diese Antwort ist auch heute noch – zumindest empirisch – oftmals richtig. Gerade im Bereich der Pflege. Die Mehrzahl der pflegebedürftigen Menschen wird zu Hause gepflegt und dies meist von Ehefrauen und Töchtern.
Und für Sozialpolitikerinnen folgen daraus zwei Fragen: wie können wir diesen größten Pflegedienst der Republik bestmöglich unterstützen? Und wie können wir professionelle Pflege bestmöglich organisieren, finanzieren und bedarfsgerecht ausbauen? Mit dem zweifachen Ziel: Damit denen, die privat pflegen wollen, dies bestmöglich gelingt. Und damit in Fällen wo Ehefrauen und Töchter nicht pflegen wollen oder können – oder schlicht keine Familie da ist – Pflegebedürftige dennoch eine bestmögliche professionelle Pflege erhalten. Die Vorschläge der LINKEN beziehen sich auf die erste Frage. Entlastung und Unterstützung der pflegenden Angehörigen. Und das völlig zu Recht. Genau darauf zielte ja zum Beispiel auch unser erfolgreicher Antrag zur Schaffung der Heimfinder-App.
Die von den Linken vorgeschlagenen Maßnahmen sind sinnvoll und sollten weiter beraten werden. Wobei zum Beispiel mit der vernetzten Pflegeberatung in Sachsen-Anhalt durchaus schon Angebote – wenn auch nicht flächendeckend – da sind. Hier zu evaluieren und weiterzuentwickeln, und Unterstützung für die wertvolle Arbeit der pflegenden Angehören wirksam zu organisieren: da haben Sie uns vollständig auf ihrer Seite.
Danke.