REDE

Obdachlosigkeit nicht länger ignorieren! Recht auf Wohnen umsetzen.

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Sehr geehrte Damen und Herren,

In Notlagen haben wir in Deutschland meist ein gut funktionierendes Hilfssystem. Bricht jemand in der Öffentlichkeit zusammen und liegt ohnmächtig am Boden, dann dauert es in der Regel nicht lange bis zunächst Ersthelfer, dann der Rettungsdienst vor Ort ist. Aber was, wenn jemand auf dem Boden liegt, allerdings nicht ohnmächtig, sondern notdürftig auf Decken, unter älteren Schlafsäcken umringt von Habseligkeiten. Welches Hilfesystem springt da an? Welche öffentliche Sofortreaktion? In der Regel keines von beidem. Wird das Recht auf Obdach und Wohnung vor aller Augen gebrochen, ruft das erstmal keine Reaktionen hervor. Wir steigen als Gesellschaft buchstäblich über die am Boden Liegenden hinweg und gehen weiter unseren eigenen Weg.

Und das ist beschämend. Daher bin ich der LINKEN ausdrücklich dankbar für diesen Antrag. 

Denn wir schauen als Gesellschaft nicht nur bei der offensichtlichen Notlage von obdachlosen Menschen in der Öffentlichkeit weg, wir sind als Politik bisher auch weitgehend blind in diesem Bereich. Statistiken zum Ausmaß von Wohnungs- und Obdachlosigkeit gab es bisher nicht. Die Grüne Bundestagsfraktion hatte jahrelang bundesweite Statistiken gefordert. Passiert ist für lange Zeit nichts. Mediale Aufmerksamkeit gibt es im Grunde immer nur saisonal – wenn im Winter die Kälte offensichtlich wird, oder die Weihnachtszeit uns grundsätzlich weicher macht, oder wenn obdachlose Menschen zu Opfern von Gewalttaten wurden. 

Erst im September diesen Jahres wurden erstmalig belastbare Zahlen erhoben. Die zeigen: in Deutschland leben mehr als 37.000 Menschen auf der Straße. Die große Zahl an Menschen ohne Wohnung, die bei Freunden und Verwandten zeitweise unterkommen, ist da noch gar nicht mit erhoben. 

Und ja: es gibt Kommunen wie die Stadt Magdeburg, die sich mit dem Ansatz des Housing First auf den Weg machen, das Problem endlich wirklich anzugehen. Und damit etwa den Teufelskreis keine Wohnung – keine Arbeit. Keine Arbeit – Keine Wohnung durchbrechen wollen. 

Weil dieses Konzept ein in Deutschland eher neuer, aber erfolgversprechende Ansatz ist, bin ich wirklich sehr an einem fachlichen Austausch und ersten Erfahrungsberichten von Kommunen im Land interessiert. Steigen wir nicht mehr über die Wohnungslosen hinweg, bleiben wir stehen und starten wir ein Hilfesystem! Lassen Sie uns diesen Antrag im Sozialausschuss beraten. Wir beantragen die Überweisung. 

Danke.