REDE

Erkenntnisse für eine rationale Cannabispolitik gewinnen. Modellregionen in Sachsen-Anhalt schaffen.

Sehr geehrte Damen und Herren,

„Es ist die Prohibition die alles wertvoll macht“ – dieses Zitat von Mark Twain steht wohl wie kein zweites für die Mechanismen der bisherigen Drogenpolitik in Deutschland. Zumindest, so lange es nicht die gefährlichen, aber uns kulturell vertrauten, Suchtmittel Alkohol und Tabak betrifft. Das ist hoch irrational. Wir Grüne und mit uns die Ampelregierung in Berlin wollen eine rationale Cannabispolitik. Eine Cannabispolitik die Jugendschutz, Prävention und Qualitätskontrolle ernst nimmt und dafür auf einen staatlich reglementierten und kontrollierten Cannabismarkt setzt. 

Die bisherige Augen-zu-und-durch Verbotspolitik löst keinerlei Probleme. Sie sorgt nur dafür, dass Konsumenten und Kleindealer kriminalisiert werden, Polizeibehörden mit der Verfolgung von Cannabisdelikten tausendfach belastet werden und ein Schwarzmarkt entsteht auf dem abseits jeder Kontrolle Cannabispräparate von jedermann und jederfrau erworben werden können und deren immer stärkere Dosierung eben auch die Konsumrisiken immer unkalkulierbarer macht. 

Und: der Dealer fragt nicht zur ALterskontrolle nach dem Ausweis. Der Dealer händigt keine Übersicht zu den Inhaltsstoffen aus. Der Dealer vermittelt keine Kontakte zur Suchtberatung. Und der Dealer hat immer auch härtere Drogen zur Hand.  

Auf einem kontrollierten Cannabismarkt ist der Personalausweis die nötige Eintrittskarte, werden Inhaltstoffe und Dosierungen kenntlich gemacht, stehen Beratung zu Konsum und Suchtprävention offen und der Erwerb von Cannabis ist strikt getrennt von anderen weiterhin illegalen Drogen. Die Mär der Einstiegsdroge Cannabis entbehrt spätestens dann aller Begründung.

Der Schwarzmarkt ist der denkbar schlechteste Ort für eine rationale Drogenpolitik. Prohibition ist einer der denkbar schlechtesten politischen Ansätze in der Cannabispolitik. Das haben manche Staaten und US-Bundesstaaten begriffen und verschiedentliche Wege der Legalisierung beschritten. Und nun eben auch die Bundesregierung.

Neben diesen quasi pragmatischen Erwägungen ist schlicht und ergreifend einfach auch festzustellen: Das Deutsche Grundgesetz verbürgt eine allgemeine Handlungsfreiheit als unser aller Grundrecht. An anderen Stellen pochen sie selbst ja immer wieder darauf. Warum also sollte der Staat es erwachsenen und mündigen Bürgerinnen und Bürgern verbieten können einen Joint zu rauchen?! Die Beweislast liegt bei der Politik, wenn sie Handlungsfreiheit einschränken will. Im Fall von Cannabis hat man es sich aber allzu lange viel zu leicht gemacht, da wurde nicht abgewogen und versucht gangbare Wege regulierten Konsums zu entwickeln, nein da wurde per Brechstange wunderbar vereinfachten und letztlich polemisierten verboten, illegalisiert und ja auch verteufelt. 

Rationale Fragen und rationale Antworten sind im Bereich der Cannabispolitik leider im politischen Raum bisher oft nicht möglich gewesen. Den Vogel schoss sicherlich der Ministerpräsident eben jenes Bundeslandes ab in dem jedes Jahr das weltgrößte Rauschmittelvolksfest stattfindet und der angesichts der angekündigten Cannabislegalisierung sagte: er wolle keine Drogen in seinem Bundesland. 

Bin gespannt wann dann das Alkohol-, Tabak- und Koffeinverbot in Bayern kommt.

Auch in Sachsen-Anhalt kann ich mir gut feucht-fröhlich Zechabende vorstellen bei denen dann Trinkgenossen nennen wir einen von ihnen mal Matthias B über Kiffer lästert, die sich das Gehirn wegrauchen. Dabei sind organische Hirnschädigungen bis hin zu letalen Überdosierungen viel eher mit Alkohol in Verbindung zu bringen.  

Aber kulturkämpferische Folklore im Bereich der Cannabispolitik kommt zum Glück an sein Ende. Zumindest auf Ebene der Bundesregierung.

Denn Trommelwirbel: Die Eckpunkte der Bundesregierung zur Cannabislegalisierung liegen seit Ende April vor – nach zähem Ringen mit den Regularien auf EU-Ebene. Der Referentenentwurf für die 1. Säule der Eckpunkte liegt auch schon vor. Wenn die ampeltypischen Reibereien bei diesem Thema einmal ausbleiben, werden wir zur ersten Säule in diesem Jahr noch ein Gesetz bekommen. Ein Meilenstein für eine offene Gesellschaft, für eine Gesellschaft, die auf mündige Bürger vertraut und die schwierige Themen nicht wegschiebt und verbietet, sondern aktiv gestaltet, normiert und auch sanktioniert. 

Die angesprochenen Eckpunkte möchte ich folgend kurz erläutern, damit sichergestellt ist, dass auch wirklich alle wissen worüber genau wir hier heute reden. Die Eckpunkte bestehen aus zwei Säulen und nennen sich „Club Anbau & Regional-Modell“ kurz CARe. 

Dabei soll es nicht-gewinnorientierten Vereinigungen unter klar definierten Rahmenbedingungen erlaubt werden Cannabis anzubauen und den Mitgliedern zur Verfügung zu stellen für den Eigenkonsum. Auch wenn die grundsätzlichen Regelungen zu Cannabis-Clubs per Bundesgesetz normiert werden, ist geplant Zulassung und Überwachung in die Hände der Länder zu legen. Da kommt also Arbeit auf unsere Landesregierung zu, die es gilt frühzeitig und fundiert vorzubereiten. 

Die zweite Säule sieht Modellvorhaben für kommerzielle Lieferketten vor. Es sollen die Auswirkungen kommerzieller Lieferketten für Cannabis auf den Gesundheit- und Jugendschutz sowie auf den Schwarzmarkt wissenschaftlich untersucht werden.  

Vorgesehen ist auch der legale Anbau von drei Cannabispflanzen im privaten Rahmen. Der Regelungsbedarf bei den beiden genannten Säulen ist natürlich wegen der Neuheit dieses Ansatzes enorm. Das will also gut vorbereitet sein. Auch in Sachsen-Anhalt

Wir Grüne wollen diese beiden Säulen einer rationalen Cannabispolitik also auch hierzulande voranbringen. Daher wollen wir 

1. Dass alle interessierten Kommunen im Land Modellprojekte zum lizenzierten Verkauf von Cannabis umsetzen können. Wir fordern mit unserem Antrag letztlich ja nur die Minimalfassung von einem Modellprojekt in Sachsen-Anhalt. Aber das Land sollte alle Kommunen ermutigen und unterstützen solche Modelle umzusetzen. Denn je mehr Daten und Erfahrungen wir sammeln und auswerten können, desto rationaler und passender werden anschließende Regelungen sein können. Gerade auch unter den Bedingungen eines Flächenlandes.

2.: Wir wollen einen frühzeitigen Dialog mit den Suchtberatungsstellen im Land und der Landesstelle für Suchtfragen zu den neuen Bedingungen und Möglichkeiten der Beratung und Aufklärung. Denn erst wenn Cannabis legalisiert ist, kann eine ernsthafte und realistische Suchtprävention anfangen. Dann darf fundiert über Risiken aber eben auch Möglichkeiten des Konsums informiert werden. Bei illegalen Substanzen ist das logischerweise nicht gestattet. Da obliegt es dann letztlich der Polizei strafrechtlich aufzuklären. Wenn es für Suchtberatung und Prävention im Falle einer Cannabislegalisierung finanzielle Mehrbedarfe gibt, sind diese für die nächsten Haushalte natürlich einzupreisen.

3. Wir wollen einen abgewogenen ordnungsrechtlichen Rahmen für die 1. Säule der Legalisierung: die Cannabis-Clubs. Die Regulierung dieser Clubs ähnelt den Vorgaben für Glückspielstätten. Es geht um Abstände etwa zu Einrichtungen wie Schulen und Kitas. Es geht um Sichtschutz. Es geht darum die Räume für Erwerb und Konsum zu trennen. Es geht darum Werbung zu untersagen etc.

Bei vielen dieser Vorgaben werden die Länder Gestaltungsmöglichkeiten bekommen. Dafür gilt es ein ausgewogenes und konsequentes Konzept zu erarbeiten. Das einerseits Freiheitsräume gewährt und schützt, aber eben auch Jugendschutz und Suchtprävention berücksichtigt.

So geht eine verantwortungsvolle Drogenpolitik. Kein martialisch ausgerufener „war on drugs“, keine moralinsaure Abstinenzpredigt, keine Verteufelung mit dramatisierten Schilderungen reiner worst-case-Fälle, sondern eine reflektierte und emperiegesättigte und damit rationale Reglementierung. Mit klaren und eben auch strengen Regeln, die auch den grundsätzlichen Freiheitsanspruch erwachsener und mündiger Bürgerinnen und Bürger gerecht werden. Und Suchtprävention, die nicht verteufelt, aber ernst nimmt. Alle Suchtmittel. Nichtstoffliche wie Glücksspiel, und stoffliche, wie Alkohol, Tabak und Cannabis. Die Tage der Vogelstrauß-Politik des schlichten Verbietens sind zum Glück gezählt. 

Stimmen sie heute für den Startschuss einer abgewogenen und freiheitlichen Cannabispolitik. 

Danke.