REDE

Bildungsteilhabe darf nicht von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängig sein.

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Sehr geehrte Damen und Herren,

meine Tochter besucht ein Gymnasium bei uns im Harz. Zu Beginn des Schuljahres habe ich insgesamt etwa 150,- Euro gezahlt für Schulbücher und Arbeitshefte meiner Tochter. Ich habe dabei Glück. Ich habe als Abgeordnete ein großzügiges Gehalt und kann mir das für meine Tochter leisten. Für viele andere Menschen, besonders mit geringem Einkommen, ist das in Sachsen-Anhalt nicht so einfach. 

Zwischen drei und einem Euro zahlt man in Sachsen-Anhalt für das Ausleihen eines Schulbuches pro Schuljahr. Das klingt zwar auf den ersten Blick gering, wenn man aber die weiteren Kosten bedenkt, die sich im Laufe des Schuljahres dazu kommen – Schreibhefte, Blöcke, Hefter, Stifte, Farben, Sportzeug, Geomertiewerkzeug und so weiter – dann zeichnet sich ein anderes Bild. Dazu Ausgaben für Schulausflüge, von Klassenfahrten, für Schulranzen, und die Liste kann man noch weiterführen. Am Ende des Schuljahres können sich dadurch mehrere Hunderte Euro ansammeln.

Im 19. Jahrhundert hat sich eine Bürgerrechtsbewegung in Deutschland den freien Zugang zur Bildung erkämpft. Damals wurde in der Verfassung der Weimarer Republik festgeschrieben, dass Unterricht und Lernmittel an Volksschulen unentgeltlich sein sollen. Die Weimarer Republik beeinflusst die Demokratie, in der wir leben, bis heute. Wir haben viele Lehren aus der Weimarer Republik gezogen, besonders aus ihrem Ende. Und über die Wichtigkeit, die Demokratie vor den Rechtsextremen wie sie leider hier in diesem Parlament sitzen, zu beschützen. Auch die Lernmittelfreiheit hätten wir in Sachsen-Anhalt als eine Lehre aus der Weimarer Republik beibehalten können und sollen. 

Doch eine Lernmittelfreiheit, in der zumindest die Schulbücher für die Schüler*innen kostenlos sind, gibt es so nur noch in Thüringen, Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern. In allen anderen Bundesländern zahlt man anteilig die Lernmittel oder sogar vollständig. 

Wir wissen, dass der Bildungserfolg bundesweit stark vom Einkommen und Bildungsstand der Eltern oder Sorgeberechtigten abhängt. Das hat uns nicht zuletzt die letzte PISA-Studie erneut eindrücklich aufgezeigt. Eine Wiedereinführung der Lernmittelfreiheit in Sachsen-Anhalt wird das gesamte Problem nicht lösen, aber es wird immerhin etwas mehr Chancengleichheit für Kinder aus ärmeren Familien schaffen. 

Wir sind es den Kindern schuldig, dass wir sie in den Mittelpunkt unserer Bildungspolitik stellen. Kinder sind die Autobauer*innen und Architekt*innen oder Handwerker*innen von morgen. Kinder werden Wissenschaftler*innen oder Ingenieur*innen. Die Kinder von heute sind die Politiker*innen von morgen. Wir sind es den Kindern in Sachsen-Anhalt schuldig, ihnen den bestmöglichen Zugang zu Bildung zu verschaffen. 

Der Antrag der Linken ist dafür ein guter Anfang. Genauso wie der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. Wir Bündnisgrüne kämpfen dafür, dass es in Zukunft in Sachsen-Anhalt wieder eine Lernmittelfreiheit gibt. Denn Lernmittelfreiheit muss das Ziel sein.

Wir stimmen den Anträgen der Linken sowie der Koalitionsfraktionen zu. Vielen Dank.