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Bildungskrise in Sachsen-Anhalt – Warum die CDU versagt hat

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Sehr geehrte Damen und Herren,

3,17. Das ist die Note, die Bürger*innen dem Schulsystem in Sachsen-Anhalt geben. Das hat eine Umfrage des ifo Bildungsbarometer 2024 ergeben. Mit dieser „befriedigenden“ Note bildet Sachsen-Anhalt gemeinsam mit Thüringen und Bremen das Schlusslicht der Umfrage. 

Gleichzeitig haben wir in Sachsen-Anhalt die höchste Schulabbruchsquote bundesweit. Das gilt auch für die Exklusionsquote. Kein Bundesland schickt so viele Kinder auf die Förderschule wie Sachsen-Anhalt. Auch bei der Quote der Anzahl an Schüler*innen, die sitzen bleiben, liegt Sachsen-Anhalt über dem Bundesdurchschnitt und belegt den dritten Platz von hinten. Und bei der Verteilung der Bildungschancen schneidet Sachsen-Anhalt gemeinsam mit Sachsen am schlechtesten ab.

Wenn die CDU-Bildungspolitik also eins gut kann, dann dafür zu sorgen, dass wir Spitzenplätze im Bundesvergleich haben.
Nur dass diese Spitzenplätze eben ganz hinten sind und Sachsen-Anhalt bei den Vergleichen viel zu oft am schlechtesten abschneidet. Mittlerweile kann man schon überlegen, ob man das Bildungsministerium in Sachsen-Anhalt in „Entbildungsministerium“ umbenennen sollte.

Die CDU hat unser Bildungssystem kaputtgespart und notwendige Reformen blockiert. Seit der Wiedervereinigung gab es mehr Bildungsminister*innen von der CDU als von jeder anderen Partei. Und die Konsequenzen ihrer Entbildungspolitik sind in den Schulen spürbar: 

Die Schulen sind marode. Es gibt Kinder, die kaum Wasser trinken, damit sie nicht auf die stinkenden und ekligen Schulklos gehen müssen. Und manchmal gibt es in Schulklos gar kein Wasser. Die Decken von Turnhallen sind so niedrig, dass man dort nicht mal Ball spielen kann. In manchen Schulen hier im Bundesland sind die Wände feucht und die Dächer undicht. Der Investitionsstau im Schulbau und der Schulsanierung ist enorm.

Die Digitalisierung kommt zwar langsam voran, aber verlief und verläuft weiterhin viel zu schleppend. In zu vielen Schulen ist immer noch der Polylux das Hauptunterrichtsmittel. 

Der Lehrkräftemangel sorgt dafür, dass Unterrichtsausfall und verkürzte Stundentafeln an der Tagesordnung in unseren Schulen sind. Ganz Fächer können monatelang nicht unterrichtet werden.

Die Anzahl an Schüler*innen, die eine Förderschule besuchen, nimmt in Sachsen-Anhalt immer weiter zu. Und das obwohl wir da eh schon hohe Zahlen haben.

Aber der größte Skandal der Bildungspolitik der letzten Jahre ist, dass sich seit mehr als 20 Jahren die Abhängigkeit der schulischen Leistungen vom Elternhaus nicht verringert hat. Stattdessen ist die Lücke sogar noch größer geworden. Dabei ist Bildung DAS Werkzeug, was sozialen Aufstieg ermöglicht.  Kurz gesagt: Kinder, deren Eltern besser ausgebildet sind und besser verdienen, gehen öfter aufs Gymnasium. Wenn Kinder aus Haushalten kommen, in denen Eltern einen niedrigen Bildungsabschluss haben und wenig Geld verdienen, haben sie seltener, viel zu selten, eine Chance auf den Besuch eines Gymnasiums. 

Dass der Zusammenhang zwischen dem sozialen Status der Eltern und dem Bildungserfolg der Kinder kein Automatismus ist, sondern eine Folge der Bildungspolitik, zeigt der Blick in Studien, die die Bildungschancen international vergleichen. In Europa hat kaum ein anderes Land so eine starke Abhängigkeit in diesem Bereich wie Deutschland. Und dass sich das seit Jahren nicht geändert hat, dafür sollten sich die Bildungsverantwortlichen wirklich schämen. 

Die Liste, was alles in unserem Bildungssystem schiefläuft, die könnte ich noch lange weiterführen. Und statt konkret an der Problemlösung zu arbeiten, setzt die CDU in ihrer Politik weiterhin keine Priorität im Bereich Bildung oder, im schlechtesten Fall, wird alles nur noch schlimmer gemacht. Aktuelle Beispiele gefällig? 

Anstatt endlich dafür zu sorgen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention in Sachsen-Anhalt erfüllt wird und Menschen mit Behinderung eine gleichberechtigte Chance auf Teilhabe im Bildungssystem haben, wird von Bildungsministerin Eva Feußner per Verordnung entschieden, dass Kinder nun direkt in die Förderschule eingeschult werden können. Mit Inklusion hat das nichts mehr zu tun. 

Anstatt dass endlich in unsere maroden Schulen investiert wird, werden die Mittel für den Schulbau im Bildungshaushalt gestrichen. In den nächsten zwei Jahren sollen nach Plan der CDU also den Kommunen keine finanziellen Mittel bereitgestellt werden, damit diese die Schulen sanieren können. Das kann man sich gar nicht vorstellen, wie man auf so eine Idee kommt.

Ähnliches gilt für die Finanzmittel der freien Schulen in Sachsen-Anhalt. Die wurden vom CDU-Bildungsministerium so herunter gekürzt, dass mittelfristig viele freie Schulen von Schließung bedroht sind. Haben Sie sich in der CDU da überhaupt mal Gedanken über die Konsequenzen gemacht? Jede zehnte Schülerin, jeder zehnte Schüler besucht in Sachsen-Anhalt eine freie Schule. Wie sollen die öffentlichen Schulen das Auffangen, wenn sie alle diese Schüler*innen aufnehmen müssten? Nehmen wir zum Beispiel die Stadt Halle. Da sind alle Schulen schon jetzt randvoll. Wenn die freien Schulen da geschlossen werden, wo sollen die Kinder denn dann hin?

Es braucht dringend einen Wechsel in der Bildungspolitik. Und es muss endlich eine andere Partei als die CDU den Bildungsbereich in Sachsen-Anhalt anführen. Nur so gibt es die Chance, dass Sachsen-Anhalt nicht immer im Bildungsvergleich zwischen den Bundesländern mit am schlechtesten abschneidet. Die CDU hat es lange genug versucht und gezeigt: Sie können es nicht. 

Doch was braucht es stattdessen? 

Im Landeshaushalt braucht es endlich eine Priorität für die Finanzierung unseres Bildungssystems. Es darf nicht aufgrund der Schuldenbremse daran scheitern, dass in unsere Schulen investiert wird. Für Bildung muss immer Geld da sein, egal wie.

Wir müssen endlich mehr auf Inklusion als auf Exklusion setzen. Denn Kinder mit Behinderung haben das RECHT auf Bildung. Da gibt es gar keine Diskussion! Und dieses Recht auf Bildung wird momentan nicht entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention erfüllt. Auch das würde übrigens die Quote an Schüler*innen, die die Schulen ohne Schulabschluss verlassen, verringern. 

Und wenn wir schon bei der Schulabbruchsquote sind: Wir brauchen in Sachsen-Anhalt endlich ein Landesprogramm Schulsozialarbeit, mit dem die Schulsozialarbeit finanziell und langfristig abgesichert wird.

Zum großen Thema Bildungsgerechtigkeit: Umfragen zeigen, dass gerade hier im Osten viele Bürger*innen sich wünschen, dass Schüler*innen länger gemeinsam lernen. Mindestens bis zur sechsten Klasse gemeinsam dieselbe Schule besuchen. Viele wünschen sich sogar den gemeinsamen Schulbesuch bis zur 9.Klasse. Auch im internationalen Vergleich ist der CDU-Fetisch zur frühestmöglichen Aufteilung der Kinder auf unterschiedliche weiterführende Schulformen unverständlich. 

Europaweit sind Deutschlands 14 Bundesländer und Österreich die einzigen Länder mit der vierjährigen Grundschule. Diesen deutschsprachigen internationalen Sonderweg bei der gemeinsamen Schulzeit dann noch als ultimo-ratio der Bildungspolitik darzustellen, insbesondere wenn in den Ländern mit den besten Bildungsergebnissen die Kinder viel länger gemeinsam die Schule besuchen als bei uns, das stellt schon eine besondere Form der Ignoranz da, die die CDU hier zeigt.

Die Schulzeit, die die Kinder gemeinsam verbringen, muss dringend verlängert werden. Es braucht dringend die Verlängerung der Grundschulzeit mindestens bis zur sechsten Klasse. Das ist ein zentraler Bestandteil, um die Bildungsgerechtigkeit in Sachsen-Anhalt zu erhöhen. Um mehr Kindern bessere Chancen auf Bildungserfolg zu geben. 

Ebenfalls braucht es für bessere Bildungsgerechtigkeit auch eine gezieltere Sprachförderung in Kitas und der Grundschule, damit kein Kind aufgrund von Sprachdefiziten schlechtere Bildungschancen hat.

Wir Bündnisgrüne kämpfen für die Schule, in der sich alle Schüler*innen wohlfühlen können und in sauberen und modernen Schulgebäuden unterrichtet werden. In der alle Schüler*innen, egal wie viel ihre Eltern verdienen oder welchen Schulabschluss ihre Eltern haben, eine Chance auf einen Bildungserfolg haben. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Kinder, egal welche Voraussetzungen sie haben, gute Schulleistungen erbringen können. 

Wir wollen die Schule, in der alle Kinder und Jugendlichen die für sie bestmögliche Bildung erhalten. In einem Umfeld, indem sie sich wohlfühlen können, Begabungen gewürdigt und gefördert werden und alle Kinder eine Chance auf Bildungserfolg haben, egal wie viel Geld ihre Eltern verdienen oder welche Muttersprache sie haben. Dafür braucht es jetzt ein Umdenken in der Bildungspolitik: längeres gemeinsames Lernen, Sprachförderung, Schulgeldfreiheit, Schulsozialarbeit an jeder Schule und Inklusion. Für mehr Bildungsgerechtigkeit in Sachsen-Anhalt.

Mit der CDU ist das ganze nicht möglich. Deswegen braucht es dringend einen Politikwechsel in Sachsen-Anhalt.

Vielen Dank.