Zusammenfassung:
Die drohende Schließung der Klinik in Zerbst erschüttert das Vertrauen der Menschen in die Daseinsvorsorge – und damit in den Staat selbst. Für uns als büdnisgrüne Landtagsfraktion ist klar: Die flächendeckende Erreichbarkeit einer Notaufnahme in maximal 30 Minuten muss garantiert bleiben. Gerade in Zerbst steht nicht irgendeine Struktur zur Debatte, sondern die Notfallversorgung ganzer Regionen. Während Strukturveränderungen und neue Versorgungskonzepte wie MVZ oder Level-1i-Kliniken grundsätzlich sinnvoll sind, braucht es im Fall Zerbst stationäre Kapazitäten, Personal und verlässliche Notfallstrukturen. Wir Grüne begrüßen die im Koalitionsvertrag vorgesehene Möglichkeit zur Re-Kommunalisierung ausdrücklich – als letzte staatliche Verantwortung, wenn private Träger sich zurückziehen. Der Einsatz des Landes ist und bleibt notwendig, genauso wie gezielte finanzielle Sicherstellungszuschläge. Denn eine funktionierende Notfallversorgung ist kein Luxus, sondern Kern staatlicher Legitimation.
Sehr geehrte Damen und Herren,
zu wissen: im Notfall steht Hilfe bereit, wenn man etwa am Wochenende im Haus stürzt, wenn das Kind nachts plötzlich 40 Grad Fieber hat oder wenn die Enge in der Brust einen taumeln lässt, ist Teil des Grundvertrauens in unser politisches System. Wenn dieses Grundvertrauen bröckelt, bröckelt unsere Demokratie. In Zerbst droht es gerade zu bröckeln. Wenn ein privater Klinikbetreiber sehr kurzfristig die Menschen vor Ort und seine Beschäftigten vor vollendete Tatsachen stellt, ist das mehr als ein Bärendienst für das Vertrauen in unser Gemeinwesen. Da fragen sich die Menschen natürlich völlig zurecht, wofür sollte Politik überhaupt da sein, wenn nicht dafür, bei Gefahr für Leib und Leben Hilfe zu garantieren. Immer. Und überall. Es braucht einfach die Gewissheit, dass das Notfallsystem funktioniert. Eine garantierte Anlaufstelle rund um die Uhr. 365 Tage im Jahr.
Vorgesehen als Maximalwert für die Erreichbarkeit einer solchen Rettungsstelle sind 30 Minuten. Das ist in der Region Zerbst ohne das dortige Klinikum nicht zu schaffen. Die Klinik in Zerbst ist unerlässlich,
insbesondere als Teil der Notfallversorgung.
In vielen anderen Fällen kann man über ambulante Gesundheitszentren, MVZ´s und in Zukunft Level 1i Krankenhäuser reden. Sinnvoll reden. Denn solche neuen Ansätze für die Versorgung vor Ort sind richtig und wichtig. Oft wird vorschnell von Schließungen gesprochen, das Bild von vernagelten Türen und Fenster an örtlichen Krankenhäusern erzeugt, das Schreckgespenst von allein gelassenen Regionen und Menschen beschworen. Dabei geht es oftmals schlicht um Strukturveränderungen und neue Finanzierungswege, um die sinnvolle Zentralisierung von spezialisierten Leistungen, um die Entwicklung neuer Berufsprofile. Und um die Anpassung der Versorgungsstruktur an sich verbessernde Behandlungen, kürzer werdende Krankenhausaufenthalte und neue Methoden, die vieles ambulant möglich machn, wofür wir noch vor ein paar Jahren Krankenhausbetten vorhalten mussten.
Aber der Fall in Zerbst liegt wohl doch etwas anders, weil hier neben der Grundversorgung eben elementar die Notfallversorgung betroffen ist.
Und für die Funktionsfähigkeit und Nachhaltigkeit einer Notaufnahme braucht es vor Ort eben auch Betten und Personal rund um die Uhr.
Ich denke, diese Notwendigkeit sehen alle zuständigen Stellen. Vom Bürgermeister, der gestern in einer Veranstaltung darüber sprach, eine mögliche Rekommunaliserung auch über Mittel über das Akzeptanz- und Beteiligungsgesetz finanzieren zu wollen – für was erneuerbare Energien so alles da sind….., über den Landrat bis zum Land. Bis hin zu den Fraktionen hier im Landtag. Der Koalitionsvertrag sieht in solchen Fällen als ultima ratio eine Re-Kommunalisierung von Krankenhäusern vor. Das begrüße ich außerordentlich. Trägervielfalt und Subsidiarität heißen ja nicht, Politik legt die Hände in den Schoß. Sondern in letzter Konsequenz liegt es beim Staat – auf welcher Ebene auch immer – Notfall- und Krankenversorgung abzusichern. Daraus speist sich geradezu die staatliche Legitimation. Ohne gesicherte Daseinsvorsorge unterspült sich unser Staatswesen von selbst.
Daher habe ich auch die Äußerungen des Kollegen Krull im MDR sehr interessiert zur Kenntnis genommen, der von der Möglichkeit sprach, die Sicherstellungszuschläge des Landes für unsere Kliniken zu erhöhen. Ein Gebot der Vernunft, wenn wir damit Krankenhausträgern ermöglichen, notwendige Standort auch wirtschaftlich nachhaltig zu betreiben.
Im konkreten Fall sind die Würfel also noch längst nicht gefallen. Im Gegenteil. Der Einsatz des Landes ist ohne jeden Zweifel weiter gefragt, aber er ist auch ebenso ohne jeden Zweifel seit den ersten Meldungen aus Zeitz sichtbar. Ebenso wie der Einsatz der demokratisch gewählten kommunalen Verantwortungsträger vor Ort. Des sich selbst inszenierenden Antrages hier hätte es nicht bedurft. Ich denke und hoffe im Rahmen der Beratung in der nächsten Ausschusssitzung wissen wir dann schon mehr.
Vielen Dank.