Sehr geehrte Damen und Herren,
ja, wir haben zu viel Unterrichtsaussfall in Sachsen-Anhalt. Ja, wir haben zu wenig Lehrkräfte. Und ja, es braucht Lösungen, wie Unterricht trotz Mangel stattfinden kann.
Doch die Einführung der Vorgriffsstunde war ein Fehler. Das hat jetzt auch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt und die Einführung Vorgriffsstunde für unwirksam erklärt. Wie geht es nun weiter?
Ehrlich gesagt, Herr Bildungsminister Riedel, glücklich gemacht hat mich ihre Pressekonferenz am Freitag dazu nicht. Ich bin Ihnen ja dankbar, dass Sie – anders als wir es bisher kannten aus dem Bildungsministerium – schnell und transparent, für alle nachvollziehbar, reagiert und kommuniziert haben. Aber dass die Lehrkräfte jetzt die Konsequenzen ausbaden müssen, für den politischen Fehler ihrer Vorgängerin, das stellt mich nicht zufrieden. Sie appellieren an den Arbeitsethos der Lehrkräfte in Sachsen-Anhalt. Und dass unsere Lehrkräfte einen starken Antrieb haben für gute Bildung viel zu arbeiten, das kann man wirklich gar nicht in Abrede stellen.
Unsere Lehrkräfte leisten Großartiges und sie leisten viel in unseren Schulen. Sie tragen die jahrelangen Fehler der Bildungspolitik in diesem Land so gut sie können weg. Aber wissen Sie Herr Riedel, dieses „die Lehrkräfte werden die Kinder und ihre Kolleg*innen schon nicht im Stich lassen wollen und werden jetzt einfach freiwillig die Mehrarbeit leisten“ – das kommt mir als Krankenschwester leider zu bekannt vor. Auch meine Berufsgruppe schluckt lieber und arbeitet in misslichen Situationen weiter, als die Patient*innen und Kolleg*innen im Stich zu lassen. Und Mehrarbeit quasi als Erwartungshaltung an Arbeitnehmer:innen in Sachsen-Anhalt zu adressieren, das geht einfach nicht – egal ob im Krankenhaus oder in der Schule.
Und ja, natürlich ist es in Zeiten des Mangels wichtig, dass es Menschen gibt, die freiwillig mehr Arbeit leisten KÖNNEN UND WOLLEN. Aber: Die Unterrichtsversorgung ist an vielen Schulen so miserabel, dass selbst die freiwillig geleistete Mehrarbeit kaum ausreichen wird, um Lücken zu stopfen. Auch von Schulleitungen angeordnete Zwangsstunden sind kein adäquates Mittel gegen den Lehrkräftemangel.
Was es stattdessen braucht sind gute Arbeitsbedingungen: Mehr Schulsozialarbeit an den Schulen, mehr Verwaltungsmitarbeiter*innen, Digitalassistent*innen, pädagogische Mitarbeiter*innen, usw. Auch die Lehrkräfteausbildung gehört auf den Prüfstand und muss reformiert werden.
Wenn Schulen lebenswerte Orte sind, dann lernen dort nicht nur gerne Schüler*innen. Dann wollen dort auch wieder mehr Pädagog*innen arbeiten. Und dafür kämpfen wir Grüne.
Wir enthalten uns zum Antrag. Vielen Dank.